Michael Blume und das Gebärmutterkomplott des Theismus
September 17th, 2010
Eines muss ich ihm zugestehen, Erfolg hat er, der Michael Blume. Jetzt schreibt sogar →der britische Guardian öffentlichkeitswirksam über ihn und seine abstrusen Thesen.
Michael Blume?
Das ist der Mann, der auf allen ihm zur Verfügung gestellten öffentlichen Podien behauptet, dass Theismus erblich sei. Und dass deshalb die Theisten einen höheren “Selektionsvorteil” gegenüber Atheisten hätten. Kurz, Blume nimmt an, Atheisten “mendeln sich” Stück für Stück aus.
Diese These verbreitet er in Büchern, Universitätsseminaren, auf Podien und Konferenzen mithilfe “überzeugender Daten” und vor allem Grafiken, Grafiken, Grafiken. Und tatsächlich, die Grafiken Blumes zeigen, dass Menschen, die sich als religiös bezeichnen und religiösen Aktivitäten nachgehen, eine höhere Zahl an Kindern zur Welt bringen:
Diese Grafiken haben jetzt auch eine bekannte Memetikerin überzeugt. →Dr. Susan Blackmore (mit einem Ph.D. in “Parapsychologie”) war bis Anfang September der Ansicht, dass Religion eine Art “schädliches kognitives Virus” sei, das seinen Wirt befällt und zunehmend schwächt oder sogar vernichtet.
Diese These ist natürlich absurd. Vernachlässigt sie doch die Verbreitungswege des Glaubens an “Götter”. Der Aberglauben an “Übernatürliches” hat seine Wurzeln einerseits in der Begrenztheit unseres kognitiven Systems und andererseits in der expliziten und bewußten Vermittlung durch Autoritäten.
Und doch war Susan Blackmore – übrigens zusammen mit Richard Dawkins – der Ansicht, dass Religion eine virale Funktion hat – bis zum 3. September.
Da sprach nämlich Michael Blume auf einer Konferenz zum Thema →”Explaining Religion” an der Universität Bristol. Und seitdem ist Susan Blackmore davon überzeugt, dass Religion sogar ein Überlebensvorteil ist, was man an der Kinderzahl religiöser Menschen sehen soll.
Der Glaube an “Übernatürliches” und insbesondere an konkrete “Götter” oder sogar eine spezifische religiöse Ideologie ist aber gar kein Produkt eines biologischen Vererbungsprozesses, sondern eines intellektuellen Vermittlungsakts.
Das könnte nun trotzdem bedeuten, dass Religiöse einfach ihre Unmengen an Kindern weiter indoktrinieren und somit eine Wende zum theistischen Obskurantismus erzwingen.
Das Problem für den Theismus wäre lediglich die freie Verfügbarkeit widersprechender Fakten.
Da “übernatürliche Akteure” ein intellektuelles Konstrukt und da Fakten meist stärker als Fiktionen sind, ist die Naturwissenschaft der natürliche Feind der Religionen.
Je größer die Intelligenz und je verbreiteter die naturwissenschaftliche Bildung in einem Land und je ausgeprägter sie in einer Person ist, desto seltener ist die Überzeugung, dass es “übernatürliche” Phänomene gibt.
Im Jahr 1998 wurde eine Umfrage unter Naturwissenschaftlern →in der Zeitschrift Nature veröffentlicht. Über die vergangenen 80 Jahre wurde gefragt, ob sie an “Unsterblichkeit” oder einen “Gott” glauben. Folgende Antworthäufigkeiten kamen zustande:
Anfang des 20. Jahrhunderts waren Europäer überwiegend Theisten. Die befragten Naturwissenschaftler kamen also mit großer Wahrscheinlichkeit aus religiösen Elternhäusern. Und selbst unter diesen Umständen waren Zweifel und Unglaube weiter verbreitet als in der Normalbevölkerung. Heute, da Atheismus und Laizismus weniger verpönt oder gar verfolgt sind, ist die Zahl der bekennenden Atheisten selbstverständlich deutlich höher.
Bereits der Vogang der zunehmenden Säkularisierung in Verbindung mit einer entsprechend stärkeren Aufklärung sollte Blume und Blackmore zu denken geben. Widerspricht dies doch vollständig der These von einer biologischen Vererbung des Theismus.
Wenn die immense Kinderschar der Theisten in der Schule kompetent und motivierend über die die Funktion der Natur informiert wird, und wenn sie lernen im Experiment und durch Nutzung des eigenen Verstandes alle Behauptungen selbst zu prüfen, statt Autoritäten zu glauben, wird sich das Problem des Theismus früher oder später von selbst erledigen – und das Problem der Überbevölkerung übrigens gleich mit.
September 19th, 2010 at 19:02
In letzter Zeit tauchen wieder vermehrt Aussagen auf in denen behauptet wird, dass Menschen mit einer bestimmten Eigenschaft einen “Fortpflanzungsvorteil” besitzen.
Ich möchte zu Bedenken geben, dass es nicht einzig die Populationsgröße ist, die eine Art erfolgreich macht. Schließlich bedeutet das vielzitierte “Survival of the fittest” der Evolutionstheorie vor allem, dass Arten beständig sind die sich immer wieder gut anpassen können.
Eine Feststellung wie: “Menschen mit großen Nasen bekommen mehr Kinder” sagt nicht zwangsläufig etwas darüber aus, ob es zielführend ist große Nasen zu haben oder nicht.
Was zielführend ist? Keine Ahnung. Da sind wir schon wieder beim Sinn des Lebens. Für einige steht “Fortpflanzung” aber meiner Erfahrung nach tatsächlich sehr hoch im Kurs – oder vielmehr der damit verbundene Fortpflanzungsakt *g*